"Endlich wieder zurück in die
Zeit, in der alles besser war..."
Schon als 14jähriger freute sich
Ray auf die Freitag-Abende am
Fernseher. Da liefen die musika-
lischen Renner der Siebziger
Jahre. So saß er da, mit seinem
SABA-Kassettenrekorder und
einem kleinen mickrigen Mikro-
phon und versuchte einzufan-
gen, was so komische Leute in
buntem Outfit von sich gaben.
Da gab es dann auch noch
diesen braunen Rollkragen-
pullover mit dem 12cm breiten
Ledergürtel. Ray: "Wenn ich
heute so rumlaufen würde, täten
sie mich bestimmt gleich in die
Klappse stecken".
Anlaufstationen waren dunkle
Diskotheken in München
(Crash, Münze), wo man sich
stundenlang Alex Harvey´s
"Faith Healer" reinzog. Wer
kennt noch Persico oder auch
den damals so beliebten Apfel-
korn?
Barfuß, mit unfrisierter wilder
Mähne, in einer zerlumpten
Jeans mit einer Wandergitarre
auf dem Rücken, so musste
man in die Schule kommen,
wenn man anders sein wollte,
als alle anderen. Hat auch super
geklappt, doch bis auf "House
Of The Rising Sun" konnte Ray
leider nichts auf der Gitarre
spielen. Trotzdem war er all den
schrägen Vögeln schon ein
ganzes Stück näher als alle
anderen.
Den ersten großen musika-
lischen Moment erlebte Ray
1971 als Schlagzeuger einer
Münchner Schülerband.
Ray: "Ich war ja damals echt noch
ein Spargel, aber die bunt-
schillernde Samthose, die mir viel
zu klein war, wollte ich dann bei
meinem ersten Auftritt doch un-
bedingt anziehen. Also zwängte
ich mich rein und beim Gig riss sie
mir hinten auf. Ich fühlte mich
wie einer dieser bekannten Rock-
stars, die immer alles auf der
Bühne zerdroschen haben."
Um diesen üblen Burschen noch
näher zu kommen, holte er sich
alle Scheiben, die er sich mit
seinen paar Mark Taschengeld
leisten konnte.
Mit dem Erwerb eines SONOR
Schlagzeugs in graublauem
Oyster Blue Pearl Finish (die
klassische Farbe in den 70ern)
musste er doch nun endlich der
bereits etablierten Glam Rock
Szene auffallen.
Ray hat viele Stilrichtungen pro-
biert, er wollte ja seinen eigen-
en Stil entdecken. Nach Pink
Floyd (Atom Heart Mother, Wish
You Were Here, Shine On You
Crazy Diamond) blieb Ray letzt-
lich so fasziniert an Deep Purple
Mk2 (in Rock, sowie alle Live-
Scheiben) hängen, dass der
eigentlich angestrebte Glam
Rock auf der Strecke blieb.
Wie man aber weiß, holt einem
die Vergangenheit immer ein.
Auf dem Weg dorthin kam es
dann doch auch zu einer Begeg-
nung mit "THE SWEET", die sich
die Garderobe mit der Support-
Band teilte, deren Schlagzeuger
Ray war. Doch statt auf einen
glitzerstrahlenden Rockstar traf
Ray auf den nicht mehr beson-
ders nüchternen Brian Conolly,
den man mit einer Limousine
vom Münchner Oktoberfest zur
Theaterfabrik herankarrte.
Nun wurde es aber endlich Zeit
eine Epoche wieder aufleben zu
lassen, die zu einzigartig war,
dass es zu schade wär, sie ein-
fach hinter sich zu lassen.
Was kann man tun? Na klar,
man holt wieder die alten
Scheiben raus und die Schlag-
hosen aus dem Speicher. Im
Hintergrund läuft „Jeepster“.
Hab' ich eigentlich noch irgend-
wo die Telefonnummern von
meinen alten Freunden damals?
Die kleine Zierliche aus der
Nebenklasse, der man immer
hinterher gesponnen hat und so
Zettel zusteckte „Willst du mit
mir gehen Ja/Nein“ ist bestimmt
schon lang verheiratet, hat vier
Kinder und ist garantiert lang
nicht mehr so schlank wie
damals. Vielleicht ist es echt
besser, ich treff' sie nimmer.
Meinen besten Kumpel hab ich
auch aus den Augen verloren.
Was tun?
Lasst uns eine Glam Rock Band
gründen und genau die Musik
von damals spielen. Lasst uns
die alten Klamotten anziehen
und lasziv dreinschauen. Ein
wenig MakeUp schadet nicht.
Wir hatten uns das früher nicht
getraut. Aber jetzt, jetzt sind
wir ja schon groß, erwachsen
und erzogen, gebildet, an-
ständig und so fürchterlich
brav.
Raus aus dem Alltag, zurück in
die schrillen 70er, vielleicht
kommt ja auch die kleine Zier-
liche, vielleicht auch mein alter
Kumpel, vielleicht jeder, der
sich jetzt endlich traut so zu
sein, wie er es immer schon
wollte…